Forschen in Westpreussen

  • Vorhandene Unterlagen sichten

     In vielen Familien wurde der Ahnenpass aufbewahrt. Der Ahnenpaß wurde 1933 vom „Reichsverband der Standesbeamten Deutschlands“ herausgegeben und diente dem „Nachweis der arischen Abstammung“. Er musste mit Hilfe von Originalbescheinigungen ausgefüllt werden bis zur Generation der Urgroßeltern. Einen Ahnenpass zu erstellen war offiziell keine Pflicht - konnte aber  eindringlich nahe gelegt werden. Es kommt durchaus vor, dass die Einträge im Ahnenpass nicht korrekt sind.  Es ist daher dringend angeraten die darin verzeichneten Informationen als Anhaltspunkt zu nutzen, aber nicht ohne Kontrolle zu übernehmen. Manche Familien haben zumindest Abschriften ihrer Dokumente auf der Flucht mitnehmen können. Anhand dieser Abschriften können Sie versuchen, die Originaldokumente zu finden.

    Sie gehören vermutlich zur letzten Generation, die es vermutlich noch relativ einfach hat: Sie können die noch lebende Verwandtschaft fragen. Nutzen Sie diese Chance und fragen Sie jeden Familienangehörigen nach Details. Schreiben Sie alles auf. WANN etwas geschah ist erst in zweiter Linie wichtig. Viel wichtiger ist das WO. Erst wenn Sie einen Ortsnamen haben, können Sie mit Ihren Forschungen beginnen. Und vergessen Sie einen wichtigen Punkt nicht: in dieser dunklen Zeit haben viele Familien ihren Familiennamen ändern müssen. Diese amensänderungen wurden zudem als großes Familiengeheimnis behandelt. Wenn Sie Wurzeln im Ostern haben, so sollten Sie möglichst schnell zu erfahren versuchen, ob Ihre Familie ihren Namen geändert hat - es werden sonst alle Versuche einer Familienforschung scheitern.

  • ZuständigKeiten

    Nun haben Sie Ortsnamen -  und somit halten Sie den Zipfel in der Hand, den Sie brauchen. Um nach Standesamtsunterlagen oder Kirchenbüchern zu suchen, müssen Sie die Zuständigkeiten kennen. Im Fall von Westpreußen ist das relativ einfach, denn da hat schon ein Forscherkollege viel geforscht und zusammengetragen - und die Ergebnisse übersichtlich ins Netz gestellt. Besuchen Sie die Webseite http://www.westpreußen.de.  Geben Sie den (die) Ortsnamen in das Suchfeld vom Ortsverzeichnis ein. Als Ergebnis erhalten Sie eine Aufstellung vom damaligen Kreis, Regierungsbezirk, zuständiges Standesamt, Kirchenkreis, Landkarten und Buchtipps zu diesem Ort - und natürlich den aktuellen polnischen Namen. Diese Informationen sollten Sie sich zu Ihrem Ortsnamen notieren und gut aufbewahren. 

    Obwohl es eindeutige Zuständigkeiten gibt, kann die Suche nach Vorfahren in den Kirchenbüchern unter Umständen mühsam sein. Nicht immer hielten sich die Vorfahren an die Zuständigkeit der Kirchen. Wenn wohnortnah eine Kirche anderer Konfession stand, so wurde diese durchaus bevorzugt aufgesucht. Lebte die erwählten Paten eines Neugeborenen entfernter, so konnte durchaus die Taufe an den Wohnort der Paten verlegt werden. Folglich hat man nicht immer das Glück, in den Kirchenbüchern des zuständigen Kirchspiels alle Informationen auch zu finden... manchmal muss man leider alle in Frage kommenden Kirchspiele der Umgebung - eagl welcher Konfession - ebenfalls absuchen.

  • Standesamt

    Viele Flüchtlinge und Vertriebe aus dem ehemaligen Osten sind in ihre neuen Wohnorte ohne Papiere gekommen und die Standesamtsunterlagen waren in den besetzten Gebieten geblieben. Das Standesamt Nr. 1 in Berlin wurde zum Ersatzstandesamt und verwaltet die Register von fast 1400 Standesämtern. Aus diesen Registern können Urkunden ausgestellt werden. Bei einer Anfrage sollte das zuständige Standesamt ermittelt und ein Datum (zumidest das Jahr) bekannt sein. Mit einer sehr langen Bearbeitungszeit muss gerechnet werden (etwa 1 Jahr). Standesamtsunterlagen verweisen immer auf die Herkunft der genannten Personen, so dass sich automatisch Hinweise für sie weitere Forschung ergeben. http://www.berlin.de/standesamt1 .Inzwischen werden die Standesamtsunterlagen in Kooperation mit Ancestry digitalisiert und dort online gestellt - man kann sie nach Abschluß eines kostenpflichtgen Abonnements dort einsehen. 

  • Kirchenbücher

    Viele Kirchenbücher haben den zweiten Weltkrieg und die anschließenden Jahre nicht überstanden. Der Rest liegt in deutschen oder polnischen Archiven. Zum Glück wurde bereits vor dem Krieg mit dem Verfilmen von Kirchenbüchern begonnen, so dass von zerstörten Kirchenbüchern teilweise noch Mikrofilme existieren.  In Deutschland sind die zentralen Ansprechpartner das Evangelische Zentralarchiv Berlin (http://www.ezab.de) oder das Sächsische Staatsarchiv Leipzig (Ehemalige Deutsche Zentralstelle für Genealogie): http://www.archiv.sachsen.de/106.htm .  Eine noch relativ junge Quelle ist Archion. Archion ist eine Webseite der evangelischen Kirchen, auf der Kirchenbücher onlinegestellt werden. Da sich dieses Projekt finanziell selbst tragen soll, muss man auch hier ein kostenpflichtges Abonnement abschließen. Die Preise werden oft kritisiert, doch wer vorher an solche Unterlagen nicht herankam - was bei Kirchenbüchern aus dem ehemaligen Osten leicht der Fall ist, wird diese Möglichkeit sehr schätzen.

  • Mormonen

    Die Mitglieder der  Kirche Jesu Christi der Heiligen Letzten Tage ( Mormonen)  beschäftigen sich aus religiösen Gründen mit der Erforschung ihrer Vorfahren. Da sie bereits vor vielen Jahren Kooperationen mit Archiven eingegangen sind, verfügen sie über viele Verfilmungen von Kirchenbüchern, Standesamtsunteragen und mehr. Diese werden nun nach und nach digitalisiert und für Familienforscher online gestellt. Die Internetseite der Mormonen gibt Auskunft über vorhandene Digitalisate. Geben Sie bei der Suche nicht nur den Ihnen bekannten Wohnort ein sondern greifen Sie auf die zum Ort erstellte Liste zurück. Wichtig ist der Ort, in dem die Kirche stand oder das in dem das zuständige Standesmt war. Die Kreisstadt dagegen bringt vielleicht Steuerlisten oder Gerichtsakten hervor. 

  • Archive und Vereine

    Lange Jahre war es mehr wie kompliziert und teuer, auf eine schriftliche Anfrage hin Auskunft von einem polnischen Archiv zu bekommen. Heute öffnen sich die polnischen Archive mehr und mehr den Familienforschern und dem Internet - und in den Online-Datenbanken sind auch viele alte deutsche Unterlagen zu finden. Beispiel: http://www.szukajwarchiwach.pl.  Inzwischen haben sich polnische und deutsche Familienforscher zusammengetan und indexieren gemeinsam Kirchenbücher und Standesamtsunterlagen der ehemals deutschen Ostgebiete (http://www.ptg.gda.pl). Sehr empfehlenswert ist die Mitgliedschaft bei einem regionalen Genealogieverein: beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher ( AGoFF)  oder dem Verein für Familienforscher in Ost- und Westpreussen (VFFOW), 

  • Übernahme in die eigenen Akten

    Eine Frage, die sich jeder Forscher stellt: wie notiere ich die Orte nun in meinen Akten? Ein allgemeiner Grundsatz  heißt eigentlich: hat ein Ort mehrfach den Namen gewechselt (unterschiedliche Schreibweisen zu verschiedenen Zeiten), so führt man ihn so, wie er sich aktuell schreibt. Dieses Vorgehen ist sinnvoll nd richtig, denn nur so können sich Forscherkollegen finden und sich Datenmengen verwalten. Im Fall der ehemaligen deutschen Ostgebiete aber haben viele Forscher Bedenken. Sie müßten zu ihren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern einen polnischen Ortsnamen schreiben, was aus den verschiedensten Gründen problematisch ist. Zwar sind die heutigen Grenzen fraglos anerkannt und akzeptiert, doch zur damaligen Zeit waren diese Gebiete halt deutsch. Für meine eigenen Unterlagen führe ich die Orte daher mit dem Namen, den sie bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges trugen - einschließlich der damaligen Kreiszugehörigkeit. In Klammern füge ich den heutigen polnischen Ortsnamen zu. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass nicht jedes Genealogieprogramm für "uns" geeignet ist. Die polnischen Ortsnamen können nur dann aufgezeichnet und auch ausgegeben werden, wenn das Programm dieses zuläßt. Nicht alle Programmentwickler haben ihre Software mit diesem Merkmal ausgestattet und man sollte vor einem Kauf auf diese Möglichkeit achten.